Die Kartause Aggsbach

Überblick

Sie wurde – nach Mauerbach bei Wien (1313) und Gaming im Ötscherland (1330), beide Habsburgerstiftungen – im Jahre 1380 als dritte der niederösterreichischen Kartausen von Heidenreich von MAISSAU und seiner Gattin Anna (aus dem Geschlecht der KUENRINGER) gestiftet. 1782 fiel sie wie viele andere Klöster dem Reformeifer Kaiser JOSEPH II. zum Opfer. Wichtige Kunstschätze sind heute im Stift Herzogenburg (so der Ältere Aggsbacher Altar aus 1450, ein Flügelaltar von Jörg BREU d. Älteren aus 1501 und der Michaelsaltar), aber auch im Diözesanmuseum St. Pölten und im Stift Göttweig zu besichtigen. Geistesgeschichtlich bedeutend ist Prior VINZENZ von Aggsbach (1435-1448) in der Auseinandersetzung um die mystische Theologie.

Der Wirtschaftsteil und die Prälatur der vorbildlich restaurierten Kartause sind heute in privater Hand. Die gotische Kirche mit ihren sehenswerten Schlusssteinen und der schönen barocken Einrichtung (Kanzel, Orgel, Hochaltarbild) sind Pfarrbesitz. Das Gotteshaus, dessen außergewöhnliche Akustik einen besonderen Rahmen für (Orgel)Konzerte gibt, wird von einer mittelalterlichen Mauer mit schönen Wehrtürmen umgeben.

In einem kleinen Museum dokumentiert der Verein der Freunde der Kartause Aggsbach das Leben des Ordensgründers Bruno, das Leben und Wirken der Kartäuser und die Geschichte des Aggsbacher Raumes, besonders der Kartause (u.a. ein Modell der Kartause, Reproduktionen der alten Altäre, Farbfotos alter Gemälde bzw. aus heutigen Kartausen, Briefmarken, Originalgegenstände aus Kartausen). Das Museum wird im Herbst diesen Jahres erweitert.

Hinter der Kartause lässt der Kreuzweg auf den Kalvarienberg den Besucher die Stille der Natur erleben, aber auch Zeit für Besinnung oder Gebet finden. Oben eröffnet ein Aussichtspunkt nahe des "heiligen Grabes" einen schönen Blick auf das Tal.

Zum Besuch lädt weiters ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude der Kartause Aggsbach, die jüngst umfassend renovierte Hammerschmiede ein. Sie zeigt eindrucksvoll und lebendig die vergessene Welt der Schmiedekunst.

Auch in Hinblick auf die leibliche Stärkung ist in Aggsbach eine Verbindung zu den Kartäusern möglich. Der weltberühmte Chartreuse-Likör (nach einem Geheimrezept aus dem Jahre 1605 von den Mönchen in Frankreich aus 130 Kräutern gebraut) wird im örtlichen Kaufhaus verkauft, kann aber auch in einigen Gastronomiebetrieben verkostet werden, die überdies nach alten Kartäuserrezepten hergestellte Speisen anbieten.

Historisches

Im Jahre 1380 ...

... wurde die Kartause Aggsbach, auch Cartusia Portae Beatae Mariae / Marienpforte / Chartreuse de la Porte de la Vierge Marie genannt, von Heidenreich von Maissau (oberster Schenk und Landmarschall von Österreich) und seiner Gattin Anna (aus dem bekannten und mächtigen Geschlecht der Kuenringer) gestiftet. Der Stiftungsbrief wurde am 13.1.1380 ausgestellt, nachdem die rechtlichen Fragen 1376 durch den Verzicht auf Grund und Boden durch die bayrischen Herzöge und´1380 die Gerichtsbarkeit betreffend durch die österreichischen Herzöge geregelt worden waren.

Die Grundsteinlegung hatte vermutlich bereits 1373 stattgefunden, 1377 erfolgte der Einzug von 12 Mönchen unter der Führung ihres Priors Johannes Fleischesser (1380-1386; 1387-1412).

Aggsbach wurde von der Kartause Mauerbach bei Wien (Vallis Omnium Sanctorum / Allerheiligental, 1313 gestiftet) aus besiedelt, deren Mutterkloster die (ehemals südsteirische, heute in SLOWENIEN gelegene) Kartause Seiz war, welche 1160 direkt von der Großen Kartause kolonisiert worden war. Aus Mauerbach stammten auch die Mönche der 1330 gegründeten Kartause Gaming (Thronus Beatae Mariae / Marienthron).

15. Jahrhundert:

Unter Johannes’ Nachfolger, Prior Jakob (1412-1414) , wurde zum Schutz des Klosters die Ringmauer mit den mittelalterlichen Wehrtürmen errichtet. Von 1435-1448 leitete die Kartause Aggsbach einer der berühmtesten Schriftsteller des Ordens, Prior Vinzenz, ein Fachmann für die mystische Theologie. 1483 wurde der Aggsbacher Prior Wolfgang Schaffenrath (~1474-1483) von Kaiser FRIEDRICH III. zum Abt von Melk bestellt, er stand (nach dem Wechsel in den Benediktinerorden) der Abtei bis 1497 vor.

Zw. Mitte 15. Jh. und Anfang 16. Jh. erreichte die Kartause Aggsbach eine kulturelle und wirtschaftliche Hochblüte. Diese zeigte sich auch durch die Einrichtung zweier berühmter gotischer Altäre: des Michaelsaltars (1500) und des Jörg-Breu-Altars aus 1501.

16. Jahrhundert:

Die Belastungen des 16. Jh. – Türkenkriege und Reformation – stellten für die kleine Kartause Aggsbach eine harte wirtschaftliche und spirituelle Probe dar.

1529 belagerten die Türken Wien. Türkische Truppenteile stießen nach Westen vor: Die Kartause Mauerbach wurde niedergebrannt, St. Pölten und die Kartause Gaming (vergeblich) belagert; über die Donau drangen die Türken bis in die Wachau vor, wo sie die Burg Aggstein niederbrannten. Die Kartause Aggsbach kam mit dem Schrecken davon: von 1000 Türken, die mit 30 Schiffen die Donau aufwärts gekommen waren, wurden bei Aggsbach viele abgetrieben und sind ertrunken. Der indirekte Schaden durch die Türkenkriege war für das Kloster schwer: die hohe Kriegssteuer hatte eine immer größere Verschuldung des Konvents zur Folge.

Die Reformation führte auch in Aggsbach zu einem Nachwuchsmangel, der Konvent war überaltert. Laut dem Visitationsbericht von 1544 gab es neben dem Prior Christian II. (1542-~1550) noch 3 Patres und 2 Laienbrüder, die aber ein untadeliges Leben (Gottesdienst, Gebet, Lesung, nächtliches Chorgebet, Fasten…) führten.

Die Visitation von 1566 jedoch beklagte mangelnde geistliche Bildung und Disziplin des aus Prior Blasius II. (1556-~1570), 2 Patres und 1 Laienbruder bestehenden Konvents.

Trotz aller Schwierigkeiten hatte Aggsbach dennoch der Krise des 16. Jh. standgehalten.

17. Jahrhundert:

Unter Prior Thomas III. Mangold (1596-1609) kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, es wurden Kirche und Klostergebäude erneuert.

Der dreißigjährige Krieg (1618-1648) zog auch die Wachau (das Donautal zw. Melk und Krems) in Mitleidenschaft. 1645 wurde Krems nach 2-jähriger Belagerung von den Schweden kurzfristig eingenommen. Im selben Jahr wurden Spitz und Weißenkirchen von schwedischen Truppen verwüstet, doch konnten sie die Donau nicht übersetzen und das schwer bewaffnete Melk nicht angreifen.

Auch die Kartause Aggsbach blieb verschont und konsolidierte sich weiter. Zu erwähnen ist der Kartäuservikar Matthias T(h)anner, ein aszetisch-mystischer Schriftsteller und Übersetzer, der 1647(48?) in Aggsbach im Rufe der Heiligkeit starb.

Unter Prior Augustin Köberle (1661-1699), einem guten Ökonomen, gelangte Aggsbach auf den Gipfel seiner barocken Prachtentfaltung. 1673 ließ er die Aggsbacher Klosterkirche renovieren. Außer neuen Nebenaltären bekam die Kirche einen prachtvollen neuen barocken Hochaltar mit reichem Figurenwerk und vielem vergoldeten Zierrat. Tobias POCK lieferte als Hochaltarsbild 1673 das Bild „Mariä Himmelfahrt“. Der renovierte Dachreiter erhielt eine neue Glocke namens „Maria“, die 1696 vom Melker Abt Georg geweiht wurde. 1682 wurde die Gebetsverbrüderung mit den Kartausen Mauerbach und Gaming erneuert.

Schon bisher hatte das Kaiserhaus auf die Orden starken Einfluss genommen. Positiv war dies bei notwendigen Reformen gewesen, negativ insofern, als die Klöster auch ihre religiöse Autonomie beschnitten sahen. Kaiser FERDINAND III. (1637-1657) hatte 1642 (ordensübliche) Visitationen durch ausländische Prioren ohne spezielle Erlaubnis verboten; er ordnete auch an, dass Kartäuserprioren nicht ohne Kontrolle durch eine kaiserliche Kommission gewählt werden dürften.

1670 erhob Kaiser LEOPOLD I. (1658-1705) die Prioren von Mauerbach, Gaming und Aggsbach in den Prälatenstand mit dem Recht von Sitz und Stimme im Niederösterreichischen Landtag. Dieser setzte sich aus dem Herrenstand, dem Ritterstand, dem (in Niederösterreich von den Melker Äbten angeführten) Prälatenstand und als viertem Stand den Städten und Märkten zusammen. - Auch in Aggsbach wurde, gemäß der neuen Würde der Prioren, ein – im Vergleich zu anderen Klöstern allerdings kleiner – Prälatensaal eingerichtet. Vergeblich protestierte der Orden gegen diesen Eingriff.

Ein weiteres und noch größeres Unheil nahte: 1679 raffte die Pest auch in Aggsbach 12 Personen hinweg. – Am 14. Juli 1683 begann die zweite Türkenbelagerung Wiens, tatarische Hilfstruppen verwüsteten Teile von Niederösterreich. Nach der Flucht der Mönche wurde die Kartause Mauerbach geplündert, Gaming kam mit dem Schrecken davon. Am 10. Juli waren die Aggsbacher Mönche vor den Türken geflüchtet, ihre Kartause, die der Bevölkerung als befestigter Fluchtort diente, blieb aber unbeschädigt. Am 12. September wurden die Türken vom polnisch-deutschen Entsatzheer unter König Jan SOBIESKI (+1696) geschlagen.

Nach den Prüfungen gegen Ende des 17. Jh. erfolgte eine letzte Blüte Anfang des 18. Jh.

18. Jahrhundert:

Unter Prior Johannes VI. Jenumb (1721-1739) wurden u.a. die Kirche (barocke Einrichtung) und Klosterteile (Kapitelsaal, Sakristei, Prälatur) erneuert und verschönert. 1729 bestand der Aggsbacher Konvent aus dem Prior und 7 Mitgliedern.

Unter Prior Stefan III. Binder (1740-1755) zählte der Konvent den Prior, neun Patres und zwei Konversen (Laienbrüder).

Staatliche Steuern (Vermögenssteuer, Türkensteuer, sonstige Kriegssteuern und kaiserliche Anleihen) führten jedoch allmählich zur Verarmung der Kartausen, besonders des kleinen Klosters Aggsbach. Wegen ihrer finanziellen Notlage stand die Kartause ab 1755 nicht mehr unter der Leitung eines Priors bzw. Prälaten, sondern eines Administrators, der den Titel Rektor trug. Der erste Rektor war Augustin Damaser (1755-1772).

Wieder griff eine kaiserliche Verordnung in den Kartäuserorden ein: 1762 wurde eine österreichische Kartäuserprovinz geschaffen, zu der die Kartausen Aggsbach, Gaming, Mauerbach, Seitz, Freidnitz, Schnals in Tirol, Walditz in Böhmen sowie Brünn und Olmütz in Mähren gehörten. Kaiserin MARIA THERESIA (1740-1780) erneuerte das Visitationsverbot durch ausländische Ordensobere und erwirkte beim Papst im Bereich der Orden die Erlaubnis zur Unterbindung von Geldflüssen in ausländische (Mutter)Klöster wie z.B. in die Große Kartause. – 1770 zählte der Aggsbacher Konvent (mit dem Rektor) 11 Priestermönche und 2 Laienbrüder.

Aufhebung und Untergang:

1771 schränkte Kaiserin MARIA THERESIA den Handlungsspielraum der Orden weiter ein: U. a. durften Ordenskandidaten nur mehr bis zu 1500 Gulden Rheinischer Währung ins Kloster mitbringen, Welt- und Ordensgeistliche durften bei testamentarischen Verfügungen nicht mehr mitwirken (was das Entstehen frommer Stiftungen erschweren sollte) und schon 1770 wurde das erlaubte Mindestalter für Ordenseintritte auf 24 Jahre angehoben.

Ab 1781 betrieb Kaiser JOSEPH II. (1780-1790) Maßnahmen, die auf das Verbot beschaulicher Orden abzielten. Trotz eines Besuchs von Papst PIUS VI. 1782 ließ sich der Kaiser nicht umstimmen. Aus dem rationalistischen Nützlichkeitsdenken seiner Zeit reformierte er das Kirchenwesen und die Seelsorge: Neuerrichtung/-ordnung von Bistümern und Pfarreien, Neuordnung des kirchlichen Schulwesens, der kirchlichen Krankenpflege und der caritativen Tätigkeiten. Daher ließ JOSEPH nur Orden bzw. Klöster bestehen, die für die Allgemeinheit im Bereich von Seelsorge, Bildung und Krankenpflege nützlich waren. So fielen 1782 der kaiserlichen Repression auch die 22 Kartausen im Habsburgerreich zum Opfer.

Unerwartet stand die kaiserliche Aufhebungskommission am 23. Jänner 1782 vor den Toren der Kartause Aggsbach. Zur Klostergemeinschaft gehörten neben dem letzten Rektor Bruno II. Endters (1776-1782) 8 Patres, 1 Professlaienbruder und 1 Bruder ohne Gelübde. Die Brüder wurden laisiert, die Priestermönche, die auch in eine ausländische Kartause oder in ein Kloster eines anderen Ordens wechseln oder überhaupt in einen anderen Orden eintreten hätten können, entschlossen sich alle für das Weltpriestertum mit folgender Begründung:

„… nicht aus einem eitlen Triebe zur Freiheit, weil wir ja nichts sehnlicher wünschten, als in unserem vormals erwählten Aggspacher gemeinschaftlichen Kartäuserleben bis an unser Ende verharren zu können, sondern weil wir in den anderen 3 uns vorgeschlagenen Wegen solche Beschwernisse sehen, welche zu überwinden oder uns zu übertragen wir uns zu schwach erkennen…“ – auch wollten sie nicht anderen Klöstern zur Last fallen bzw. fürchteten sie, dass auch ausländische Kartausen aufgehoben werden könnten und sie nochmals vertrieben würden.

Die Kartause stand laut Aufhebungskommission unter ausgezeichneter Leitung und wurde wohlgeordnet vorgefunden. Das Archiv, die Bibliothek, die Pretiosen (Monstranzen, Kelche…) und die Messgewänder waren in sehr gutem Zustand.

Der Bestand der Aggsbacher Bibliothek wurde größtenteils der Wiener Universitätsbibliothek einverleibt, einige Handschriften und Inkunabel kamen in die Hofbibliothek.

Das Archiv wurde leider weitgehend zerschlagen. Teile finden sich im Staatsarchiv in Wien, im Niederösterreichischen Landesarchiv, im Diözesanarchiv St. Pölten, im Stiftsarchiv von Melk und von Göttweig.

Die Pfarre Aggsbach Dorf

Nach der Aufhebung war die Kartause Aggsbach zunächst unter staatlicher Verwaltung. Der letzte Hofrichter Joseph SÖLNWANGER wurde zum Verwalter ernannt. Er erreichte, dass zunächst noch der ehemalige Sakristan der Kartause, P. Burkhard Hansel, für die Bevölkerung die Messe lesen durfte. Auf SÖLNWANGERS Betreiben wurde 1784 eine Lokalkaplanei errichtet. Nicht die an der Donau gelegene Nikolauskapelle (eine Filialkirche von Aggsbach Markt, die 1787 nach einem schlimmen Hochwasser niedergerissen werden musste), sondern die Kartäuserkirche wurde zur Pfarrkirche für die Ortschaften Aggsbach Dorf, Gschwendt, Siedlgraben und Aggstein bestimmt. Dies erforderte bauliche Änderungen: Der Lettner wurde aus der Kirche entfernt, eine Orgel und eine Kanzel installiert. Der Dachreiter wurde 1795 abgetragen und durch einen an den Chor angebauten Kirchturm ersetzt. Dieser erhielt 1837 eine neue, barockisierende Haube.

1790 verkaufte der Religionsfonds die Kartause und die zugehörigen Ländereien an die Schiffmeisterwitwe Maria Anna Wimmer. Leider wurden die Mönchszellen bald abgetragen. 1827 verkaufte Wimmers Sohn Joseph die Herrschaft Aggsbach.

1847 funktionierte der neue Besitzer Franz de Paula Graf Coloredo-Wallsee die Kartause zum Schlößl um. 1859 erbte sein Neffe Franz Graf Falkenhayn den Besitz, er erlaubte die Übersiedelung des Pfarrhofes aus dem Meierhof in die Kartause. 1875 gestatte er den Einzug einer Waldbauschule in den restlichen größtenteils leer stehenden Kartausenteil.

Später betreute die Gutsverwaltung Walpersdorf ihren Kartausenteil für die die Gräfin Falkenhayn, die diesen 1947 der Sankt Petrus-Claver-Sodalität schenkte.

1970 erstanden Alfons und Marianne Maderna den Prälatur- und Wirtschaftsteil und renovierten beide vorbildlich.

Doch auch das im Pfarrhof gelegene Refektorium (der ehemalige Speisesaal der Mönche), die Kirche, der Kapitelsaal, das Archiv und die Bibliothek wurden restauriert. Zwischen 1985 und 1996 ermöglichte Frau Marie Ertl die Renovierung der schönen mittelalterlichen Wehrtürme mit der Umfassungsmauer, der Kirchenfassade, der unter dem Volksaltar befindlichen Gruft und des Kreuzwegs auf den Kalvarienberg.

2001 wurde ein neues Orgelwerk der Firma Allgäuer in den barocken Orgelprospekt eingebaut.

2003 erfuhr das seit 1985 existierende Kartäusermuseum des Vereins der Freunde der Kartause Aggsbach eine wichtige Erweiterung: eine aus 4 Räumen bestehende Kartäuserzelle mit Originalmobiliar aus der 2002 stillgelegten ostfranzösischen Kartause Sélignac, ein Geschenk des Kartäuserordens, wurde im Rahmen eines Festgottesdienstes zu Ehren des hl. Bruno am 5.10.2003 durch Weihbischof Dr. Heinrich FASCHING in Anwesenheit des französischen Botschafters Alain CATTA gesegnet und anschließend den Besuchern zugänglich gemacht.

Die Pfarrkirche / Kartäuserkirche Aggsbach

(Dr. Franz Sidl)

... hat bis heute den Charakter einer Klosterkirche der Kartäuser erhalten: lang gestreckt, schmal und hoch. 1380 war das Kloster gegründet worden, 1392 wurde die Kirche geweiht. Seit 1784 ist sie Pfarrkirche, 1795 erhielt sie anstatt des Dachreiters den gedrungenen Glockenturm.

Vor der Kirche stehend, hat man zur Linken den Pfarrhof mit dem ehemaligen Refektorium des Klosters, einem schönen barocken Raum mit einem Deckengemälde, das den hl. Johannes den Täufer als Kind in einer Landschaft darstellt.

Zur Rechten befindet sich die Sakristei, und der ehemalige Kapitelsaal=die Johanneskapelle. Im Obergeschoss die ehemalige Bibliothek mit Archiv. Dahinter standen bis zur Klosteraufhebung durch Joseph II. der Große Kreuzgang und die für den Kartäuserorden charakteristischen Mönchzellen, einstöckige Häuschen mit Gärtlein und die spätgotische Friedhofskapelle. Sie fielen nach 1782 der Spitzhacke zum Opfer.

Wir betreten die Kirche durch den letzten erhaltenen Flügel des gotischen Kreuzgangs, vorbei an den Grabsteinen der Stifter der Kartause, des Landmarschalls Heidenreich von Maissau (+1381) und seiner Gattin Anna (+1385), der letzten Dürnsteiner Kuenringerin.

Der zum Gebet einladende, einschiffige Kirchenraum erstreckt sich über vier Joche mit edlen Gewölbeformen. Die gotischen Kreuzrippen haben Birnstabprofil und werden von großartigen, plastisch geschmückten Schlusssteinen gekrönt. Diese zeigen Maria mit dem Kind, das Einhorn (das nach der Fabel von nur von einer Jungfrau gefangen werden kann und nach mittelalterlicher Allegorie zum Symbol für die Jungfrauengeburt Christi wird), den Pelikan, der sich die Brust für seine Jungen aufreißt (Symbol für den Kreuzestod Christi), den Löwen, der seine Jungen durch Hauchen zum Leben erweckt und den Phönix, der aus dem Feuer verjüngt aufsteigt (Symbole für die Auferstehung).

Im rückwärtigen Joch spannt sich eine mächtige gotische Empore über gedrücktem Bogen. Sie trägt die barocke Orgel, die nach der Pfarrerrichtung um 1784 wahrscheinlich aus Mautern hierher übertragen wurde. Auch die schöne Kanzel wurde ja zunächst für die Dominikanerkirche in Krems gefertigt. Diese zieren die Symbole der vier Evangelisten und die Darstellung der Gottesmutter, die dem hl. Dominikus erscheint.

Der Kanzeldeckel trägt die Geisttaube, die Figur der Ecclesia, Engel mit Gebotstafeln und Kreuz, während aus der Tür der Gute Hirte hervortritt.

Der Chor setzt sich im Kirchenschiff nur durch zwei Stufen ab. Er ist zweijochig mit einem sechsteiligen Gewölbe und endet in fünf Seiten des Achteckes (5/8 Schluss). Die schlanken, gebündelten Dienste reichen hier bis zum Boden und rahmen die hohen zartgliedrigen Fenster. Rechts vom Hochaltar wurde bei der letzten Renovierung eine mit zierlichem Maßwerk gestaltete Nische freigelegt.

Im Hochaltar im Jugendstil (1911) verdient das spätgotische Relief Beweinung Christi Beachtung (Original im Diözesanmuseum St. Pölten). Das Bild über dem Hochaltar stammt von Tobias Pock (1673), der zwei ähnliche für Sankt Stefan in Wien und den Dom zu St. Pölten schuf. Die Darstellung Mariä Himmelfahrt – das Patrozinium der Kirche – ist eine Abwandlung des St. Pöltner Gemäldes.

Es soll erinnert werden, dass in der Kirche vor der Barockisierung der sogenannte Ältere Aggsbacher Altar (um 1450) und der berühmte von Jörg Breu dem Älteren 1501 geschaffene Flügelaltar stand, der dann über Maria Langegg ins Stift Herzogenburg kam, wo beide gemeinsam mit dem Michaelsaltar aus Aggsbach in der Kunstsammlung bewundert werden können (Nachbildungen davon sind im Kartäusermuseum zu besichtigen).

Die beiden Seitenaltäre (Taufe Jesu und heiliger Leonhard) stammen aus der Kirche Sankt Johann im Mauerthale.

Wenn sie, liebe Besucher, die Gesamtanlage des so kunstreichen und geschichtsträchtigen ehemaligen Kartäuserklosters überschauen wollen, ist es ratsam, den Weg zum schön restaurierten Kreuzweg auf den Kalvarienberg einzuschlagen, der zum Gebet und zum besinnlichen Wandern einlädt. Besichtigen sie abschließend auch die Hammerschmiede mit ihrem beeindruckenden Hammerwerk, die einst zur Kartause gehörte. Hier wird die vergangene Welt der Schmiedekunst wieder lebendig.